Untertitel
Mit dem DRK-Glücksmomente-Auto besucht ein schwerkranker Junge einen Tag lang Tripsdrill
Von unserem Redaktionsmitglied Marie-Luise Schächtele, Heilbronner Stimme.
Vor dem Eingang von Tripsdrill sitzt Ozan in seinem elektrischen Rollstuhl. Seine Beine sind mit einer Fleecedecke zugedeckt. Der Zwölfjährige verfolgt mit den Augen eine Familie, die an der Kasse vorbeigeht und den Park betritt. Ob er mit der Wasser-Attraktion fahren kann, will er von Christine Rösch wissen. Sie ist Ehrenamtliche in der Ökumenischen Hospizgruppe Balingen und begleitet ihn heute. „Bekomme ich einen Hamburger? Und Eis?“, fragt er dann. Für ihn ist der Besuch des Erlebnisparks etwas ganz Besonderes. Ozan hat eine lebensverkürzende Muskeldystrophie, eine seltene Art des Muskelschwunds, und eine geistige Behinderung. Alle ein bis zwei Wochen holt ihn Christine Rösch ab. Wenn sie etwas mit Ozan unternimmt, bekommt er immer etwas zu essen, weil ihm das wichtig ist. „Letztes Jahr konnte er noch einigermaßen laufen“, sagt Christine Rösch. Jetzt nicht mehr. In den nächsten Wochen erhält er einen Liegerollstuhl.
Schon seit zwei Stunden ist Ozan im Glückmomente-Auto des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) auf dem Weg nach Cleebronn. Der umgebaute Rettungswagen ist mit Süßem, Radio und Fernseher ausgestattet. Eduard Maass, ebenfalls Hospizdienstmitarbeiter und Bruder eines Tripsdrill-Angestellten, hat den Kontakt zum DRK hergestellt. Ralf Purrucker und Markus Fiedler vom DRK setzen Ozan vorsichtig ohne den Rollstuhl in ein Boot. Er strahlt. Danach will er gleich mit der nächsten Attraktion fahren, der Weinkübelbahn.
Seit drei Jahren, seitdem er achteinhalb Jahre alt ist, betreut ihn der Hospizdienst. Ozan kam mit der Krankheit auf die Welt. „Im August wird er 13, aber ob er 15 wird, ist fraglich“, sagt Christine Rösch. Er lebt bei seiner Familie und besucht die Schule für geistige und körperliche Entwicklung Mariaberg in Gammertingen. „Wir wollten, dass er mal rauskommt“, sagt Christine Rösch. Die Ehrenamtlichen des Hospizdiensts unterstützen seine Familie. Ozan ist der Älteste von zwei Geschwistern, sieben und fünf Jahre alt. Die fünfjährige Schwester kommt in eine Sprachheilschule. Seine Mutter ist hochschwanger. Ozans Stiefvater arbeitet im Schichtdienst und hat wenig Zeit.
„Der Tod ist etwas, das uns alle betrifft“, sagt Eduard Maass. Er ist in Eppingen geboren und hat lange in Heilbronn gewohnt. Müssten Kinder und Jugendliche sterben, frage man sich, wo der Sinn liege. „In der Medizin verändert sich viel, aber man kann die Krankheit nicht aufhalten“, sagt er. Er bewundert Ozans Lebensfreude. Sie erinnert ihn an die Zeit, als seine Schwester todkrank war: Sie wollte, dass er ihr hilft. Und dann war es andersherum: Sie gab ihm vieles mit, beide führten tiefgehende Gespräche.
Eduard Maass ist froh, dass Ozan der Besuch ermöglicht werden konnte. „Dankbarkeit hat mich mein ganzes Leben begleitet.“ Zweimal war er selbst lebensbedrohlich krank. „Als meine Enkelin acht Monate alt war, hatte ich einen Schlaganfall, während ich sie auf dem Arm hatte.“ Dieser Moment hat den Blick auf sein Leben verändert. „Ich habe von da an nur noch gemacht, was mir Freude bereitet.“ Anderen will er auch Freude bereiten, so wie Ozan mit dem Tripsdrill-Besuch. Und Ozan hat richtig Spaß. Nicht nur mit Spritztour und Weinkübelfahrt. Er lässt sich auch Spätzle und Spezi schmecken.